Der Abmahnwahn treibt immer buntere Blüten. AdvoGraf kann nicht auf alle Fälle eingehen,
aber manches ist so kurios oder schon realitätsfern, dass man wirklich nur noch sagen kann:
"auch das noch!": Das wirklich Allerletzte zum Thema Abmahnwahn.
Holzmannscher Holzhammer
von Alexander Kleinjung
Wir erinnern uns: kurz vor Weihnachten 1999 wurde bekannt, dass der Frankfurter Baukonzern
Philipp Holzmann AG ein Milliardenloch hat
und mehrere Tausend Arbeitsplätze gefährdet sind. Vorstand und Aufsichtsrat gaben sich ahnunglos,
die Banken wiesen jede Verantwortung von sich und auf den Straßen marschierten Holzmänner,
Politiker und Gewerkschafter medienwirksam Seit an Seit. Auf Druck von Bundeskanzler Gerhard Schröder
gaben die Banken "fast freiwillig" frisches Geld und billigten ein Sanierungskonzept, bei dem der Bund
mit nicht unerheblichen Bürgschaften in die Bresche sprang.
Zwei Jahre später geht es dem angeschlagenen Baukonzern immer noch nicht wirklich blendend, noch
immer verzichten Tausende von Mitarbeitern auf einen Teil ihres Gehaltes und leisten Überstunden. In der
Chefetage kümmert man sich derweil um die wirklich wichtigen Dinge, zum Beispiel um Menschen mit dem
Namen Holzmann, die sich erdreisten, ebenfalls im Baugewerbe tätig zu sein und unverfroren ihre Firma nach
ihrem eigenen Namen benennen.
Vertragsstrafe oder Ordnungshaft für den eigenen Namen
Gerhard Holzmann aus Welden bei Augsburg ist so einer. 30 Jahre alt, gelernter Stukkateur mit
Bauingenieurwesen-Studium, seit gut einem Jahr selbständig. Seinen Ein-Mann-Betrieb, der
von freien Mitarbeitern unterstützt wird, nannte er "Holzmann Bauberatung". Und er bot seine
Dienste Bauplanung, Handel mit Baumaterialien und Bauberatung auch im Internet unter der
Domain "holzmann-bauberatung.de" an.
Der nordschwäbische Jungunternehmer staunte nicht schlecht, als ihm Ende Mai diesen Jahres eine
Abmahnung der Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Fritze & Modest im Auftrag der Philipp
Holzmann AG ins Haus flatterte, in der man sich auf § 15 Markengesetz beruft und
mit der Holzmann unter Androhung einer Vertragstrafe von DM 10.001,00 für jeden Fall der
Zuwiderhandlung aufgefordert wird, im Namen seines Unternehmen eben nicht mehr "Holzmann"
und einen Hinweis auf das Baugewerbe zu führen. Die altbekannte Verwechslungsgefahr lässt
grüssen. Die Kostennote lag auch gleich bei: knapp DM 2.600,00, resultierend aus einem Streitwert von DM
250.000,00.
Zwar hatte Holzmann seine Firma umgehend in "G. Holzmann Bauberatung" geändert, was
die Advokaten des gleichnamigen Bauimperiums jedoch nicht sonderlich beeindruckte: sie erwirkten vor dem
Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen Holzmann, die nach mündlicher Verhandlung
über den Einspruch auch bestätigt worden ist.
Letzte Hoffnung: Negative Feststellungsklage
Rechtsanwalt Günter Rieger aus Augsburg,
von Gerhard Holzmann mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, hat nun vor dem Landgericht Frankfurt
am Main negative Feststellungsklage erhoben, um dem Jungunternehmer doch noch zu seinem Recht zu verhelfen:
nämlich den mit einem Branchenzusatz versehenen eigenen Namen als Unternehmensbezeichnung zu
führen.
Spätestens nach diesem Fall wird weiteres Sparpotential bei der Phillipp Holzmann AG offensichtlich:
die Damen und Herren, die diese Posse zu verantworten haben. Denn für derartigen Unfug hat sich der Bund,
letztlich aus unseren Steuern, nicht verbürgt.
Nur der Vollständigkeit halber sei abschließend erwähnt, dass man unter "holzmann.de" keineswegs den Baukonzern
findet, sondern ein Möbel-Verlag aus Hamburg. Hoffentlich fühlt man sich in der offenbar nicht
ausgelasteten Verwaltung der Phillip Holzmann AG jetzt nicht genötigt, weitere Post mit Kostennote zu
veranlassen...
[update 05.10.] Schluss mit lustig
Das LG Frankfurt am Main hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe für die neg. Feststellungsklage des Gerhard Holzmann gegen die Philipp Holzmann AG zurückgewiesen.
Ob das LG die letzte Entscheidung des BVerfG vom 10. August 2001 ausreichend gewürdigt hat ist allerdings fraglich. G. Holzmann hat gegen die Zurückweisung Beschwerde eingelegt.
Pressekommentare:
ZDNet: Holzmann
mahnt Existenzgründer ab
intern.de: Kurz notiert 27.08.2001
Internet World:
Domains: Holzmann mahnt ab
Onlinekosten.de: Philipp
Holzmann AG mahnt Bauunternehmer gleichen Namens ab
4websites.de: Holzmann mahnt ab
sueddeutsche.de: Holzmann mahnt Existenzgründer ab
[AK 24.08.2001]
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