Der Abmahnwahn treibt immer buntere Blüten. AdvoGraf kann nicht auf alle Fälle eingehen,
aber manches ist so kurios oder schon realitätsfern, dass man wirklich nur noch sagen kann:
"auch das noch!": Das wirklich Allerletzte zum Thema Abmahnwahn.
Wenn der Postmann zweimal klingelt ...
von Andreas Kaßbohm
... könnte er dem Empfänger ein Einschreiben mit einer Abmahnung der Deutschen
Post AG übergeben wollen. Sie haben den Film ganz anders in Erinnerung? Wir auch,
aber das war ja auch nur ein Film. Das wahre Leben hält andere Überraschungen
bereit.
So behauptet die Deutsche
Post AG ernsthaft, aufgrund der Marken "Post", "Deutsche Post"
und "Worldpost" ein Recht an allen Domains zu haben, die im Namen den
Bestandteil "post" tragen, und hat Mitte Februar die Inhaberin der
Domain wwwpost.de und mehrere Privatpersonen mit einstweiligen
Verfügungen "beglückt".
Ähnlich wie bei den Lotto-Abmahnungen sieht es
auch hier wieder so aus, als würde ein großer Konzern vor dem Hintergrund seiner
Markt- und Finanzmacht versuchen, einen Begriff der allgemeinen Sprache exklusiv
für sich zu reservieren.
Bereits im Jahre 1516 wurde durch das Haus von Thurn und Taxis die erste
öffentliche Postverbindung aufgenommen. Die berühmteste Briefmarke der Welt,
die Blaue Mauritius von 1847, trägt den Schriftzug "Post
Office", und auch in Deutschland erschienen schon in den 1850er Jahren in den
diversen Einzelstaaten sog. "Postmarken". Schließlich wurde im Jahre
1874 der Weltpostverein (UPU; United Postal Union) gegründet. Alle diese Begriffe
stehen natürlich im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die in Deutschland von der
Deutschen Post AG angeboten werden, sind aber ähnlich wie Postkutsche und Poststation
oder die gute alte Postkarte zum Teil bereits seit mehreren Jahrhunderten in
Gebrauch.
Unbestritten ist wohl, dass die Deutsche Post als Nachfolgerin der
ehemaligen Reichspost und der Deutschen Bundespost im allgemeinen Sprachgebrauch meist
nur kurz als "die Post" bezeichnet wird. Genauso unstreitig ist
aber auch, dass im Zuge der Privatisierung der Bundespost der Versand von
elektronischer Post in Form von t-online an die Deutsche Telekom AG gegangen
ist; die trägt nun aber dummerweise im Namen nicht mehr den Begriff
"Post". Das muss natürlich die Deutsche Post nicht hindern, sich
auch in den sog. Neuen Medien zu engagieren, stellt aber doch in Frage, ob
ihr ein Alleinvertretungsanspruch für sämtliche in den historischen Postdienst
gehörenden Bereiche zusteht.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum einzusehen, der Deutschen Post AG im
Bereich der elektronischen Medien ein Monopol auf das Wort "Post"
einzuräumen und somit einen Jahrhunderte alten Begriff für die Allgemeinheit
zu sperren.
Möglicherweise will das Unternehmen mit der Eintragung der Marke
"Post" exklusiv für seine Dienstleistungen ja auch zukünftigen
Konkurrenten, die im Rahmen der Liberalisierung des Post-Marktes auftreten
könnten, das Leben von vornherein etwas schwerer machen.
Und wenn man sich dann noch zum Ziel gesetzt hat, den "Marktplatz
der Zukunft im Netz" [3] zu bauen, darf man
natürlich auch dort nicht zimperlich sein.
Das Internet scheint man aber leider etwas zu spät entdeckt zu haben.
Bezeichnenderweise gehört nämlich nicht einmal die Domain post.de der
Deutschen Post AG - die hat sich gerade noch postag.de sichern können.
[@K | HS 22.02.2001]
Nachtrag:
Danke für die verschiedenen Mitteilungen. Wie auf post.de zu lesen
ist (Aktualisierungsdatum der Seite: 11.06.2001), musste die Domain zwischenzeitlich
an die Deutsche Post AG abgetreten werden. Der Anbieter tritt nun unter der Adresse
deutschland.net auf -
auch nicht ganz ohne, wenn man sich den Fall deutschland.de ansieht. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. ;-)
[HS 08.07.2001]
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